Ein
Presse-Portal blamiert die Journalisten-Zunft (03.08.2014)
Im
Kontext mit der Preisverleihung für zwei Kölner Kampagnen-Journalisten, die für
ihren aufgebauschten ‚Kliniken-Skandal’ prämiert wurden, tischt die
Wächterpreis-Dokumentationsseite haarsträubenden Unsinn zu Galileo Galilei auf,
um auf die Kirche einzuschlagen. Von
Hubert Hecker.
Das
Portal doczentrum.org will nach eigenem Anspruch eine Plattform sein, auf der
investigativer Qualitätsjournalismus dokumentiert wird. Die Wahrheit soll „ans
Tageslicht“ gebracht werden – durch sorgfältige Recherche.
Wenn
es aber gegen die Kirche geht, dann scheinen alle Regeln eines seriösen
Journalismus’ aufgehoben. Die kürzliche Pressepreisverleihung an zwei
antikirchliche Journalisten nimmt die Seite zum Anlass, mit dumm-dreisten
Thesen gegen die Kirche zu hetzen.
Skandal-Journalismus
macht blind für die Wirklichkeit
Die
beiden Reporter Peter Berger und Joachim Frank vom Kölner Stadt-Anzeiger hatten
die so genannte ‚Kölner Klinikenaffäre’ zu einer Skandalgeschichte aufgebauscht
– mit den bekannten Merkmalen wie Effekthascherei, Emotionalisierung,
Übertreibung, Einseitigkeit und Verdrehung.
Auf
dokzentrum.org wird seither dieser Skandalisierungs-Journalismus hochgejubelt.
Mit Kommentaren zu den Kölner Vorgängen versucht man die Kerbe gegen die Kirche
noch tiefer zu hauen.
Doch
die Ausführungen sind eine Offenbarung über die Ignoranz der Publizisten. Die
Leser werden für dumm verkauft. Unter
der Überschrift ‚Der ganz Vorgang im Überblick’ verbreiten die doczentrum-Journalisten
haarsträubenden Unsinn:
„Bei Galilei GALILEO,
dem berühmten Mathematiker, Physiker und Astronomen, der um 1600 behauptet (und
bewiesen) hatte, dass die Erde rund ist, und den die Katholische Kirche im Jahr
1633 zum Widerruf dieser These gezwungen hatte, war es ein Zeitraum von rd. 350
Jahren: Bis ihn die Katholische Kirche im Jahr 1992 rehabilitierte. Und
eingestand, dass die Erde doch eine Kugel sei und Rom demnach nicht der
Mittelpunkt der ganzen Welt sein könne. Im 17. Jahrhundert wäre Galileo GALILEO
sonst auf dem Scheiterhaufen gelandet. Und bei lebendigem Leibe verbrannt
worden. Soweit zur Achtung vor dem (individuellen) menschlichen Leben dieser
mächtigen Religionsgemeinschaft.“
Neben
der zweimaligen Falsch-Schreibung des Namens Galileo Galilei fällt der krause
Schreibstil der Autoren auf. Die sprachlichen Formfehler korrespondieren mit
dem inhaltlichen Tohuwabou.
In der kurzen Passage
über Galilei ist kein einziger Halbsatz sachlich richtig
Seit
der Aufklärung wird der Kirche das Märchen von der flachen Erdscheibe
untergeschoben. Auch die unaufgeklärten doczentrum-Publizisten verbreiten
diesen historischen Unsinn. Die Wahrheit ist, dass alle bedeutenden Gebildeten und Theologen der
katholischen Kirche seit dem frühen Mittelalter von der Kugelgestalt der Erde
überzeugt waren:
Die
westlichen Kirchenväter des 4. und 5. Jahrhunderts wie Ambrosius und Augustinus
gingen in ihren Traktaten von der Erde als Globus aus. Für den einflussreichen
Theologen Isidor von Sevilla (7. Jahrhundert) war die kugelrunde Erde
selbstverständlich. Die Mystikerin und Kirchenlehrerin Hildegard von Bingen (1098-1179)
erklärte in ihren Schriften ausdrücklich die Kugelgestalt der Erde. Thomas von
Aquin, der größte Theologe des Mittelalters, bestätigte, was schon die
griechischen Forscher der Antike gewusste hatten: die Krümmung der
Erdoberfläche mit der logischen Folgerung, dass die ganze Erde rund wie ein
Ball ist. Selbst in volkssprachlichen Texten und Bildern des 13. Jahrhunderts
wurde die Vorstellung von der Erde als ‚Apfel’ oder als ‚Ei’ verbreitet.
Insbesondere das Bild vom Erd-Ei, bei dem man von einer festen Schale und einem
flüssigen (Glut-)Kern ausging, kam dem realen Aufbau der Erde schon sehr nahe.
Auch
bei der Schätzung des Erdumfangs näherte man sich mit Werten zwischen 36.000
und 46.000 Kilometern dem tatsächlichen Erdumfang von 40.075 an. Der
französische Kardinal Pierre d’Ailly machte um 1410 in seinem Buch ‚Imago
Mundi’ den Vorschlag, von Europa aus westwärts zu segeln, um in den Fernen
Osten zu kommen. Dieses Buch war eine der Inspirationen für Christoph Kolumbus
bei seinen Seefahrtsplänen über den Atlantik.
Englische
Theologen hatten schon im 14. Jahrhundert die damalige Rätselfrage gelöst,
warum die Menschen den Fahrtwind der rasenden Rotationsgeschwindigkeit der Erde
nicht spüren: Der Bischof und Philosoph Nicolas Oresme erklärte, dass sich die
Atmosphäre mit der Erdkugel mitdrehe. Diese Erkenntnis war eine wichtige
Voraussetzung dafür, dass der Fraunberger Domherr Nikolaus Kopernikus seine
Theorie vom heliozentrischen Weltbild entwickeln konnte. Übrigens widmete der
Kanonikus Kopernikus sein Buch „De revolutionibus orbium coelestium“ dem
damaligen Papst Paul III. An den römischen und spanischen Universitäten wurde
zum Ende des 16. Jahrhunderts die Theorie des heliozentrischen Weltbildes neben
der des Ptolemäus’ gelehrt. Für die Kalenderreform des späteren Papstes Gregor
XIII. spielten die Berechnungen Kopernikus ebenfalls eine wichtige Rolle.
Wenn
die dokzentrum-Autoren behaupten, der Streit um die Gestalt der Erde als Kugel
oder Scheibe sei erst zur Zeit Galileis entschieden worden, sind sie hinterm
Mond oder 1500 Jahre zu spät dran. Es ist auch ein Armutszeugnis für
journalistische Recherche, wenn sie einen so offensichtlichen Geschichtsirrtum
verbreiten.
Jedenfalls
wurde Galileo Galilei nicht zum Widerruf der Erdkugelthese „gezwungen“. Nach
der Forderung der kirchlichen Behörden sollte er seine heliozentrische Welt-Theorie
als Hypothese und nicht als gesicherte Tatsachen publizieren. Denn Galilei konnte
damals seine Thesen zu den Planeten-Bahnen und der Rotation der Erde genauso
wenig zwingend beweisen wie vor ihm Nikolaus Kopernikus. Was Galilei als Beweis
für die rotierende Umlaufbahn der Erde ansah, das Auftreten von Ebbe und Flut,
war sogar sachlich falsch.
Die
gebotene Zurückhaltung bei Tatsachenbehauptungen, die Galilei abverlangt wurde,
sollte nach dem deutschen Pressekodex auch
heute noch die Grundregel für seriösen Journalismus sein. Davon sind die
doczentrum-Publizisten genauso weit entfernt wie von der historischen Wahrheit.
Es
wirft ein trübes Licht auf den „Wächter-Preis der Tagespresse“, wenn die
begleitende Dokumentationsseite wilde Spekulationen an die Stelle von
Informationen durch sorgfältige Recherche setzt. Die Seite ist eher eine Blamage
für die Journalistenzunft.
Sie drohen mit noch
größerem Unsinn
Weiter
behaupten die Wächterpreis-Autoren fälschlich, dass Kardinal Joachim Meisner
seine „moraltheologische Position revidierte“. In Wirklichkeit bekräftigte der Kölner
Oberhirte die katholische Lehre, dass ein Präparat mit Abtreibungswirkung auf
eine befruchtete Eizelle nicht erlaubt ist, da ein menschlicher Embryo in jeder
Phase schutzwürdig bleibt. Nur ein Präparat zur Befruchtungsverhinderung sei
vertretbar, wenn es ein solches gebe.
Schließlich
drohen die Publizisten der Plattform, mit defizitärer Recherche und Darstellung
bis Anfang Juli 2014 einen noch „größeren Themenkanon aisführlich zu dokumentieren: Die katholische
Kirche und ihr Verhältnis zu einem der menschlichsten aller Menschendinge: zur
Sexualität“.
Nach
den Plattheiten, die sie in ihrem kurzen „Überblick“ verbraten, dürfte dabei
„noch größerer“ Unsinn herauskommen.