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Der deutsch-synodale Sonderweg steht im Widerspruch zur weltkirchlichen Synode  (Synodaler Bruch 11)

Mit deutlichen Worten hat kürzlich der Vatikan dem irregulären Synodalen Weg in Deutschland eine Absage erteilt. Dessen Beschlüsse zu neuen Strukturen und Leitungsformen sowie zu grundstürzenden Veränderungen an katholischer Lehre und Moral stellten „eine Verletzung der kirchlichen Gemeinschaft und eine Bedrohung der Einheit der Kirche“ dar. Statt sich mit Vorschlägen dialogisch in den universalkirchlichen Prozess der Weltsynode einzubringen, entfernt sich die Mehrzahl der deutschen Bischöfe und Synodalen immer weiter von der weltkirchlichen Katholizität durch Anpassung an den Zeitgeist.

Schon im Frühjahr hatte der Offene Brief von vier Kardinälen und 70 Bischöfen aus der Weltkirche zum deutschen Synodalen Weg und das Antwortschreiben des Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz die tiefe Spaltung in den Fragen zu Christusglauben und Bibelverständnis, Sexualethik und kirchlicher Lehre offenbart. Die unterzeichneten Bischöfe aus Afrika und Nordamerika sehen den deutsch-synodalen Sonderweg als beginnende Abirrung von der katholischen Identität.

In seinem Antwortbrief weist Bischof Bätzing alle kritischen Bedenken mehr oder weniger pauschal zurück und rechtfertigt das eigenwillige deutsche Vorgehen auf dem Synodalen Weg. Damit vertieft er die Kluft zwischen der Mehrheit der DBK-Bischöfe und einem Großteil des weltkirchlichen Episkopats.

Gleich zu Anfang seiner Ausführungen stellt der Limburger Bischof das neue deutsche Basisdogma vor: Die „systemischen Ursachen des Missbrauchs“ würden kirchliche Strukturänderungen erfordern, um danach die kirchliche Verkündigung und Evangelisation „neu möglich zu machen“. Unter diesem Banner marschieren die deutschen Synodalen. Zugleich markiert der neu-dogmatische Dreischritt die Abkehr von der weltkirchlichen Einheit:

• Bischof Bätzing bejammert, dass die afrikanischen und nordamerikanischen Bischöfe wie schon vorher die polnische und nordische Bischofskonferenz systemische Missbrauchsursachen „leider überhaupt nicht erwähnen“. Kein Wunder. Denn die vermeintlichen Systemursachen sind weder in der MHG-Missbrauchsstudie noch in sonstigen wissenschaftlichen Publikationen nachgewiesen worden. Deshalb ist der Papst in seinem Brief von 2019 ebenfalls nicht darauf eingegangen. Auch in Zukunft wird keine Bischofskonferenz der Weltkirche dieser deutschen Phantomschmerzidee  folgen.

• Wenn aber die obige Basisthese des Synodalen Wegs zusammengebrochen ist, verliert auch die „Konsequenz“ von kirchlichen Strukturänderungen jegliche Relevanz. In seinem Schreiben von 2019 verurteilte Papst Franziskus die synodalen „Wege der Reform von Strukturen, Organisationen und Verwaltung“ als eine „Art neuen Pelagianismus“.[1] Ebenfalls warnt das ‚Offizielle Handbuch für die (weltkirchliche) Synode zur Synodalität‘ auf S. 16 vor der „Versuchung“, sich auf „Strukturen zu konzentrieren“. „Nur aus der fortlaufenden Umkehr und Erneuerung aller Glieder des Leibes Christi“ werde sich als Ergebnis eine „Erneuerung (nicht Veränderung) der bestehenden Strukturen“ zeigen, nicht umgekehrt. Denn „die Reform der Strukturen bedeutet keineswegs schon die Bekehrung der Herzen“, auf die es bei der Umkehr und Glaubenserneuerung ankommt – so die 70 Bischöfe. 

• Bischof Bätzing behauptet, dass es bei der von Papst Franziskus eingeleiteten weltkirchlichen Synode um „ähnliche Fragen und Anliegen“ gehe wie bei dem synodalen Sonderweg in Deutschland. Doch die beiden Wege unterscheiden sich grundsätzlich:Die Weltsynode verläuft in den kirchlich vorgesehenen Bahnen cum Petro et sub Petro, der Synodale Weg ist kirchenrechtlich unzulässig ohne Beschlusskompetenz, in manchen Punkten gegen die weltkirchliche Lehre gerichtet.

Der Papst legt Wert auf „Synodalität mit Beratung von unten nach oben“, die deutschen Prälaten und ZdK-Führer/innen betreiben ein Eliten-Projekt ohne Beratung und Beteiligung des Volkes Gottes.

Der Synodale Weg fokussiert sich auf kirchliche Strukturänderungen; die weltkirchliche Synodalität dagegen hat zum Ziel:

  •   „tiefere Einsicht in die geoffenbarte Wahrheit,
  •   größeren religiösen Eifer,
  •   gemeinschaftlichen Prozess der Heiligung und
  • vertieftes Glaubensleben

aus der Begegnung mit Christus, insbesondere in der Eucharistie“.[2]

Resümee:
Der deutsche synodale Sonderweg steht in vielfältigem Widerspruch zur weltkirchlichen Synode und schadet damit dem Prozess und der Idee von kirchlicher Synodalität.

• Papst Franziskus hat in seinem Brief von 2019 dem deutschen Synodalen Weg den Auftrag gegeben, auf die „zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens“ in der Kirche in Deutschland zu reagieren und geeignete Schritte der Glaubenserneuerung und -vertiefung, der Bekehrung und Umkehr zu Christus einzuleiten. Er hat die deutschen Bischöfe zum „Primat der Evangelisierung“ ermahnt. „Evangelisierung muss unser Leitkriterium schlechthin sein“, denn sie ist „der Weg der Jüngerschaft in Antwort auf die Liebe Gottes“. In der „Evangelisation besteht die Identität der Kirche“, ergänzt Bischof Marian de San Martin als Synodensekretär. „Die Sendung der Kirche ist, zu evangelisieren“.

Kardinal Marx und Bischof Bätzing als Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz haben diese eindringlichen Programm-Worte von Papst Franziskus in den Wind geschlagen. Kardinal Kasper stellt zu diesem Vorgang fest: „Es ist die Ursünde des Synodalen Wegs, dass er gleich am Anfang den Brief des Papstes und seinen Vorschlag, vom Evangelium und vom Grundauftrag der Evangelisierung auszugehen, mehr oder weniger zur Seite gelegt hat (…). Dieser Einwand wird sich wiederholen und sich verstärken und er wird, wenn wir ihn nicht beachten, dem Synodalen Weg das Genick brechen.“

Die Vollversammlung des Synodalen Wegs lehnte einen Antrag der Bischöfe Woelki und Voderholzer, das Vorgehen der Synode am Primat der Evangelisierung zu orientieren, mit großer Mehrheit ab. Stattdessen beharrten die Synodalen trotzig auf dem Primat von kirchlichen System- und Strukturänderungen ohne missionarische Glaubensinitiativen. Damit verschärfen sie die „kirchliche Sklerose“ (Brief der 70 Bischöfe). Die dringliche Glaubenserneuerung und Evangelisierung werden auf die lange Bank weggeschoben.  

• Die 70 Bischöfe schreiben in ihrem sechsten Punkt: Die Fokussierung des Synodalen Weges auf die soziologische Kategorie der „Macht in der Kirche zeugt von einem Geiste, der dem wahren Wesen des christlichen Lebens grundlegend widerspricht“. Insbesondere mit dem programmatischen Abbau von bischöflicher Vollmacht im Forum I untergraben die deutschen Synodalbeschlüsse die Autorität des kirchlichen Lehr- und Leitungsamtes.  Christus hat die Apostel, und damit nur die bischöflichen Nachfolger mit dem dreifachen Amt

  • der Leitung,
  • der Lehre und
  • der Heiligung seiner Kirche beauftragt.

So soll es nach Bischof Marian auch bei dem synodalen Prozess der Weltkirche sein: Beratung mit dem ganzen Volk Gottes, Entscheidung und Verantwortung aber nur bei den Bischöfen und dem Papst, die auf ihr Leitungsamt nicht verzichten und ihre Lehrautorität nicht verwässern dürfen. Diese zentrale hierarchische Ordnung der Kirche wollen die deutschen Synodalen entgegen den Konzilsaussagen und der 2000jährigen Tradition der Kirche aushebeln.

Auch Kardinal Kasper äußert sich in einem Beitrag des ‚Neuen Anfangs‘ kritisch zu diesem Punkt: Das Bischofsamt sei seit dem frühen Christentum ein Grundpfeiler der Kirche. „Wer an diesem Pfeiler sägt, der bricht der Kirche das Genick.“ Das geschehe, wenn die Bischöfe in einem Akt der Selbstverpflichtung freiwillig auf ihre übertragenen Aufgaben und bischöfliche Autorität verzichteten, wie es der Synodale Weg fordert. Die bischöflichen Oberhirten sollen sich den Entscheidungen der Synodalversammlung unterwerfen und dem künftigen Synodalrat folgen. Die Idee der Selbstverpflichtung hält Kardinal Kasper für einen „faulen Trick“, der in Analogie zum Verfassungsrecht einem versuchten Staatsstreich in der Kirche gleichkäme. Ausdrücklich verurteilt die vatikanische Erklärung die Beschlüsse des Synodalen Wegs, „die Bischöfe zur Annahme neuer Formen der Leitung zu verpflichten“.

• Nach Kapitel 46 des Orientierungstextes und den programmatischen Aussagen in Forumstext I sollen alle Laien-Gläubigen durch „Gewaltenteilung“ an Amt und Macht von Bischof und Priester „teilhaben“. Bischof Bätzing bestätigt diesen Angriff auf das hierarchische Amtsgefüge der katholischen Kirche. Er spricht in seinem Antwortbrief von der Partizipation bzw. „Beteiligung von Gläubigen auf allen Ebenen kirchlichen Handelns (das meinen wir, wenn wir von Gewaltenteilung sprechen)“.

In dieser Aussage stecken Ignoranz und Missverständnisse: Der staatspolitische Begriff ‚Gewaltenteilung‘ bezeichnet die ‚checks and balances‘ zwischen Regierung und Parlament bzw. Opposition sowie die Kontrollrechte der Verwaltungs- und Verfassungsgerichtsbarkeit. Diese Konstellationen haben nichts mit Partizipation, Beteiligung oder Mitentscheidung der Bürger zu tun.
Andererseits geschieht Partizipation in einer repräsentativen Demokratie durch parteiorganisierte Wahlen, Abstimmungen und Interessenvertretung. Doch diese Formen der Willensbildung und Einflussnahme bedeuten gerade nicht „Teilhabe an Macht“.

Die deutschen Synodenmacher gebrauchen Kategorien des demokratiepolitischen Staatssystems, die sie offensichtlich nicht verstanden haben. Mit den politischen Begriffen wie Gewaltenteilung, Kontrolle, Wahlen, Machteingrenzung etc.  als Ausdruck von Volkssouveränität  übertragen sie staatspolitische Systemkategorien auf die Kirche, die mit ihrem hierarchisch-sakramentalen Charakter absolut unvereinbar sind.

 • Auch in theologischen Fragen der kirchlichen Lehre sollen alle getauften und gefirmten Gläubige als Dialogpartner „mitentscheiden“, was seit apostolischen Zeiten bis heute allein dem bischöflichen Lehramt anvertraut ist. In der deutsch-synodalen Neu-Kirche sollen die Bischöfe nur noch als „wichtige Teilnehmer am Glaubensgespräch“ zugelassen sein. Auf dem Synodalen Weg wird dieser Laien-Aufstand gegen die kirchliche Hierarchie schon mal geprobt: Sie dürfen nur noch wie jeder andere Laien-Synodale ihre Stimme abgeben. Als Bischöfe ihrer Bistümer sollen sie auf die Mehrheitsbeschlüsse der synodalen Vollversammlung verpflichtet werden, kontrolliert vom zukünftigen Synodalen Rat.

Die demokratisch-parlamentarische Transformation der Kirche ist ihr wesensfremd: Der Souverän der Kirche ist nicht das Volk Gottes, sondern Jesus Christus. Nach der Vaterunser-Bitte sollen wir uns an Gottes Willen orientieren, nicht unseren Willen oder den Volkswillen, auch nicht den Willen des Volkes Gottes durchzusetzen versuchen.

• Auf die synodale Verfälschung des biblischen Freiheitsbegriffs, die auch die 70 Bischöfe kritisieren, ist schon in einem früheren Beitrag eingegangen worden (vgl. Beitrag 6). Bischof Bätzing setzt der Kritik in seinem Antwortbrief ein Zitat aus dem Orientierungstext entgegen, mit dem er die Glaubenskonformität seines Freiheitsverständnisses demonstrieren will: „Diese Freiheit aber ruft uns gleichzeitig auch in die gemeinsame Verantwortung des überlieferten Glaubens.“ Das klingt nach Einbindung in die kirchliche Tradition und weltkirchliche Synodalität. Aber das Zitat ist an der angegebenen Stelle Nr. 9 nicht zu finden. Der Satz stammt aus der Textfassung vom Oktober 2021 unter Nr. 8. Er wurde im Februar 2022 durch Mehrheitsentscheid (auch von Bischof Bätzing) aus der Endfassung des Orientierungstextes herausgestrichen.

Diese Zitierung aus einem nicht mehr gültigen Synodal-Dokument ist besonders peinlich auf dem Hintergrund, dass Bischof Bätzing in seinem Antwortbrief dem polnischen Erzbischof Gadecki vorwirft, sich nur auf ältere Dokumente des Synodalen Wegs zu beziehen.

Zugleich entlarvt sich der Briefschreiber Bätzing selbst mit dem versehentlichen oder gezielten Falschzitat. Denn wenn mit der nicht mehr gültigen Aussage die bleibende „Intention des Synodalen Wegs“ belegt werden soll, so werden die weltbischöflichen Adressaten und auch die Öffentlichkeit über die wahre Intention der Synodalversammlung getäuscht: Da auf Antrag des Synodalpräsidiums die Mehrheit der Synodalen den betreffenden Satz gestrichen haben, muss man schließen, die sie die „gemeinsame Verantwortung des überlieferten Glaubens“ eben nicht übernehmen will.

Mit seinem Vertuschungs-Zitat hat Bischof Bätzing nolens volens die Kritik der 70 weltkirchlichen Bischöfe am Kurs des Synodalen Wegs bestätigt. Zugleich erweist er mit seinem Täuschungsmanöver die vatikanische Warnung als berechtigt, dass auf dem Synodalen (Irr-)Weg „neue Ausrichtungen der Lehre“ etwa in der Sexualethik angestrebt werden, die sich nicht mehr an Schrift und Tradition orientieren, sondern sich an zeitgeistige Tendenzen der Humanwissenschaften anpassen.

 Hubert Hecker 

 

 

 



[1] Brief von Papst Franziskus an das pilgernde Volk Gottes in Deutschland vom 26. 6. 2019, Nr. 5, S. 7

[2] Synodalität: Bekehrung zur Demut, Vortrag des Untersekretärs der Bischofssynode, Die Tagespost am 4.4.2022