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Der Synodale Weg zum BRUCH mit Bibel, Tradition und Lehramt (19)

Unhaltbare Beschuldigungen gegen das sakramentale Priestertum

26.2.2023

In der Präambel des Grundtextes vom Synodalforum II zum Thema „Priesterliche Existenz heute“ sagen die Autoren auf Seite 3, was sie unter anderem ablehnen: Es gehe „um Fragen des Abschieds von überhöhten und sakralisierten priesterlichen Rollenbildern, (…) des Abschieds vom rein männlichen und zölibatären Zugangsweg zum Priesteramt“. Daran anschließend heißt es zum „Ziel dieser Arbeit, dass alles getan wird, um in unserer Kirche sexualisierte Gewalt zu verunmöglichen, besser noch: zu verhindern.“

Der Synodale Weg wird das erstrebte Ziel mit diesem Ansatz nicht erreichen.

Das ergibt sich aus zwei Gründen.
Erstens: Nach der französischen CIASE-Studie sind etwa 5,5 Millionen Franzosen in ihrer Kindheit oder Jugendzeit missbraucht worden. Von den selbstbezeichneten Opfern in Frankreich gab 2 Prozent an, etwa 115.000 Personen, in ihrer Zeit als Minderjährige von kirchlich beauftragten Laien missbraucht worden zu sein, 4 Prozent (gleich 216.000) von Geistlichen.

In Deutschland werden die Verhältniszahlen ähnlich sein. D. h. ein Drittel der im kirchlichen Rahmen von sexueller Gewalt betroffenen Opfer sind von Laien-Tätern und Täterinnen missbraucht worden. Bei dem Forumsansatz sollen aber ausschließlich klerus-spezifische Faktoren, die Missbrauch fördern und ermöglichen würden, „verabschiedet“ und überwunden werden. Damit bleiben (in der Sprache des Forums) die systemischen Ursachen und Strukturen, die bei Laien-Tätern zu sexueller Gewalt führen, unangetastet. Sie werden nicht einmal in den Blick genommen. Die von Laien missbrauchten Opfer werden im ganzen Forumstext nicht erwähnt, als wenn sie nicht existierten. Wie soll bei diesem Ansatz unter Ausblendung von Tausenden übergriffiger Laien die Kirche ein „sicherer Ort vor Missbrauch“ werden?

Zweitens: Die zentrale Behauptung des Forumstextes lautet: „Es besteht ein Konsens, dass Überhöhung und Sakralisierung des Priesteramtes dazu beigetragen haben, dass Missbrauch geschehen konnte“ (ebenfalls S. 3). Die genannten Statusmerkmale des Priestertums gehörten zu den „systemischen Strukturen“, ja den „Missständen innerhalb des Systems, die sexualisierter Gewalt und Missbrauch Raum gegeben“ hätten.

In anderen Synodaltexten wird gefordert, dass im diskursiven Dialog Positionen argumentativ begründet und belegt werden sollten. Doch bei der oben zitierten Basisbehauptung in der Präambel des Forumstextes, die die folgenden Maßnahmen stützen sollen, werden keinerlei Begründungen und Belegstellen genannt. Der Grund ist: Es gibt dafür keine belastbaren wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse! In der MHG-Studie ist weder in den Teilprojekten noch in der vorangestellten Zusammenfassung auch nur der Ansatz für die Tatsachenbehauptung des Forumtextes zu finden, dass die Überhöhung des Priesteramtes zum Missbrauch beigetragen hätte.

In Ermangelung einer Basis in Fakten und Wissenschaftlichkeit und an deren Stelle setzen die Forums-Synodalen einfach eine behauptete Konsensmeinung, um ihrer aggressiven Agenda gegen das sakramentale Priestertum zu rechtfertigen. Ein solches Vorgehen ist nicht nur unlauter, sondern blamabel und peinlich für ein hochkarätiges Forum mit einer Mehrzahl von akademischen Laien sowie einigen Bischöfen und Klerikern.

Zumindest in Forum II ist das „Elitenprojekt“ Synodaler Weg zu einer Verschwörungsgemeinschaft verkommen.

Aus der obskuren Sakralisierungsfalle…

Die Hypothese von der überhöhten Sakralmacht des sakramentalen Priestertums hatte erstmals der Salzburger Theologe Gregor Maria Hoff auf dem Studientag der Deutschen Bischofskonferenz am 19. März 2019 in Lingen aufgebracht. Seine zentrale Aussage lautet:
„Die katholische Kirche befindet sich angesichts ihres Missbrauchsproblems in einer Sakralisierungsfalle. Der sakramentale Code greift immer – das ist seine Stärke. Er kann alles bestimmen – aber er droht gegenüber der Sakralmacht, die er voraussetzt, blind zu bleiben, indem er sie beansprucht.“

Bei dieser verklausulierten Begriffsverschlingung drängt sich die Frage auf, ob die Bischöfe damals verstanden haben oder verstehen sollten, was der Autor meinte. Später hat man Hoffs Erzählung von der verrätselten Sakraldialektik auf die griffige Formel verschlankt: ‚Überhöhte Sakralisierung des Priesteramtes trägt zu Missbrauch bei‘. Das war verständlich, schien plausibel und konsensfähig - als Grundlagenthese des Forums II. Keiner der Bischöfe und Forumsteilnehmer stellte die Realitätsfrage, ob denn diese spekulative Begriffsjonglage etwas mit der empirischen priesterlichen Lebenswirklichkeit zu tun hätte.

…mit einer soziopolitischen Lösung herauskommen?

Als die Bischöfe während des Vortrags noch darüber rätselten, wie man aus dieser dubiosen „Sakralisierungsfalle“ sich herauswinden könnte, zeigte der eloquente Theologe selbst einen eleganten Ausweg. Hoff präsentierte vor den staunenden Bischöfen wie eine Zauberformel aus dem Hut eine sozio-politische Lösung für das angeblich kirchliche „Systemproblem“: Man entkomme der Sakralisierungsfalle „nicht anders als durch Gewaltenteilung – durch Macht-Kontrolle von außen, durch kirchliche Gewaltenteilung von innen her. Mit kirchlicher Gewaltenteilung lässt sich sakralisierte Macht verflüssigen. Durch Teilen der Macht nimmt sie nicht ab, sondern gewinnt Autorität. Der sexuelle Missbrauch der Macht (sic!) in der katholischen Kirche bildet dafür das Momentum.“

Die staatspolitische Formel: Gewaltenteilung und (parlamentarische) Machtkontrolle mit dem Ziel einer kirchlich-parlamentarischen Räterepublik sollte später die Grundlage für das Forum I werden unter dem Titel: Macht und Gewaltenteilung in der Kirche. So wollte man das „Momentum“ (den Kairos) des Missbrauchs missbrauchen, um die hierarchisch konstituierte Kirche grundstürzend umzubauen.

Keine Begründung für ein sakral überhöhten Priestertum in der MHG-Studie

Für das Forum II bleibt aber das Problem, dass die Behauptung von der überhöhten Sakralmacht der Priester nur konsensual vereinbart, nicht aber als systemische Ursache für Missbrauch in der Realität begründet ist. Dabei steht doch die millionenteure MHG-Missbrauchsstudie zur Verfügung, an der die Synodalen Interesse haben müssten, um ihre Konsensthese zu belegen.

• In der MHG-Zusammenfassung auf S. 13 ist eine Passage zu „Klerikalismus“ eingefügt. Unter dem Begriff soll eine kirchenspezifische Interaktionsdominanz von Priestern aufgrund von Amt und Weihe verstanden werden. Aber die Studie bleibt – ebenso wie Hoff – bei einer spekulativen und hypothetischen Begriffsentfaltung stecken. Sie erwägt, dass ein klerikalistisches Amtsverständnis zu Missbrauch führen könnte, ohne diese theoretische Möglichkeit an empirischen Ergebnissen der umfangreichen Studie belegen zu können.

• Das MHG-Teilprojekt 2 vergleicht beschuldigte und nichtbeschuldigte Priester. Ein erstes überraschendes Ergebnis besteht darin, dass der Zölibat für die beschuldigten Kleriker mit weitem Abstand zu den Nichtbeschuldigten kein Problem bedeutetet (S. 111). Weiterhin wurde eruiert: Eine kleine Gruppe von einem Siebtel der Beschuldigten neigte dazu, „mit der Autorität des Priesteramts verbundene Macht für eine inakzeptable Befriedigung eigener (sexueller) Bedürfnisse zu Lasten anderer zu nutzen“ (S. 128). Doch auch dieses Teilergebnis widerlegt die allgemeine These von der Sakralität des Priestertums als missbrauchsfördernd:

Denn erstens besteht diese Tätergruppe nur aus sechs Promille der Kleriker; für 99,4 Prozent der Geistlichen führt die angeblich überhöhte Amtsautorität nicht zu sexuellen Übergriffen. Zweitens bahnte der bezeichnete Tätertyp seinen Missbrauch gerade nicht mit Sakraldominanz an, sondern mit nicht-klerikalistischem Modernitätsverhalten. Deshalb empfiehlt die MHG-Studie drittens, dass nicht „generell die Autorität des Priesters überdacht oder in Frage gestellt werden muss, schon gar nicht, dass Menschen, die sich für den Kirchenberuf entschieden haben, unter einen Generalverdacht gestellt und kontinuierlich überwacht werden“ sollten (S. 128).

Dieses Forschungsergebnis pulverisiert die Konsensmeinung der Synodalen:

Die MHG-Studie widerspricht der Grundlagenthese vom Forum II, priesterliche Autorität als missbrauchsfördernd zu denunzieren.

• Im Teilprojekt 3 werden anhand von Strafakten die Täterprofile von klerikalen und nicht-klerikalen Beschuldigten verglichen. Die MHG-Forscher kommen hier zu dem Ergebnis, dass die beschuldigten Kleriker sich den „Typologien sexueller Missbrauchstäter außerhalb des kirchlichen Kontextes zuordnen lassen“. Das heißt für die aufgeführte Fragestellung: Die Ausnutzung von Amt und Amtsmacht geschieht bei einem kleinen Teil von übergriffigen Geistlichen ähnlich wie bei missbrauchenden Lehrern, Trainern, Heimerzieher, Polizisten etc., nur dass die jeweilige Amtsmacht unterschiedlich ausgestaltet ist.

Die Medien verbreiten pauschale Beschuldigungen gegen Kirche und Klerus

Es gibt eine starke Tendenz in den Medien, bei dem „pandemisch“ verbreiteten Missbrauch in der Gesellschaft die Kirche in die Rolle des Sündenbocks zu drücken. Das geschieht seit 2010 durch die Methode der Skandalisierung, die bei anderen Organisationen wie den Sportverbänden trotz einer doppelt so hohen Missbrauchsopferzahl nicht angewandt wird. Die medialen Empörungskampagnen richten sich – auch bei Einzelfällen – meistens pauschal gegen die Kirche, die Bischöfe, den Klerus. Auch systemische Faktoren wie Zölibat, Priestertum, Hierarchie oder die kath. Ehe- und Sexuallehre werden vielfach mit Missbrauch in Zusammenhang gebracht. Statt dass die Bischöfe und kirchlichen Stellen gegen die pauschale Beschuldigung der Kirche angehen, verstärken sie oft noch den medialen Generalverdacht, wie das der Essener Generalvikar Klaus Pfeffer macht. Als Selbstbeschuldigungen werfen sie der Kirche systemisches Versagen vor oder beschimpfen sie als Täterorganisation – so Bischof Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz  - statt den Krebsschaden des Missbrauchs zu bekämpfen.

Auch der Forumstext reitet auf dieser pauschalisierenden Beschuldigungswelle

Bei vier Prozent übergriffiger Kleriker und 96 Prozent Nicht-Beschuldigter betreiben die Forums-Autoren eine Art Sippenhaft, wenn sie mit der Schuld der Einzeltäter die ganze Gruppe der Priester überziehen, in der „so viel sexueller Missbrauch geschehen“ sei (Präambel S. 2).

Sie unterstellen eine „Kollektivscham vieler Priester“, die sich angeblich „schämen, Priester zu sein und zu einer Gruppe zu gehören, die ihrem eigenen Ideal und Anspruch so eklatant zuwidergehandelt“ habe.

Hat denn die ganze „Gruppe“ der Kleriker Missbrauch begangen, dass sich Priester für ihr „Kollektiv“ schämen müssten? Die Forumsautoren suggerieren im Regelverstoß von wenigen ein Versagen des gesamten Klerus‘. Sie bringen mit ihrem Generalverdacht alle Geistlichen in Misskredit.

Der Forumstext betreibt mit der Beschuldigung des gesamten Klerus das verleumderische Werk von kirchenfeindlichen Medien. Denn die überwältigende Mehrheit der Priester handelt nicht ihrem Ideal und Anspruch zuwider. Deshalb besteht auch kein Grund für die behauptete „Kollektivscham“ – eine perfide Erfindung der Synodalen. 

Die Präambel des Synodaltextes II attackiert das sakramentale Priestertum, ein wesentliches Element im sakramental-hierarchischen Charakter der Kirche. Bei diesem Vorwort sind auch die folgenden Handlungsanleitungen fehlgeleitet.

      Wenn die Bischöfe mit Zwei-Drittel-Mehrheit diesem verfehlten Text zustimmen, fügen sie
      der katholischen Kirche großen Schaden zu.

Hubert Hecker