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Die Tutti-Frutti-Kirche

Zur Predigt des Bischofsvikars Dr. May, Bistum Limburg

Ein Kommentar von Gabriele Freudenberger

Der Limburger Domkapitular, Bischofsvikar und Regens Dr. Christof May predigte am Erntedanksonntag 2020 zum Matthäus-Evangelium von den untreuen Pacht-Winzern. Seine Ansprache war aber keine homiletische Auslegung des Schrifttextes. Stattdessen benutzte der Prediger einige Wortassoziationen wie Türsteher, Knechte, Ernte und Weinberg, um daran seinen kirchenpolitischen Rundumschlag aufzuhängen.

May fragt in seiner Ansprache, was er bisher in seiner 20jährigen Priestertätigkeit an Ernte einbringen konnte im Weinberg des Herrn. Er hält Gott seine Ernte hin, „aber der Herr schweigt, und ich denke manchmal, vielleicht langweilige ich ihn. Immer das Gleiche.... Vielleicht sagt der Herr zu mir, Christof, du Westerwälder Bauer, du bringst mir jeden Tag aufs Neue Kartoffeln, Kartoffeln, Kartoffeln. Eine einzige Monokultur. Willst du nicht anerkennen, dass der Acker des Reiches Gottes, der Weinberg, das große Feld, viel, viel weiter ist? Warum lässt du nicht andere daran teilhaben? (...) Statt das Feld für alle zu öffnen, verstehen wir uns oft, viel zu oft als Türsteher“, die Minderheitengruppen in der Kirche mundtot machten oder verbal verprügelten.

Statt der Monokultur der normalen Gläubigen eine diverse Tutti-Frutti-Kirche

Im weiteren Verlauf der Predigt machte der Prediger klar, was er mit der langweiligen Kartoffelernte meinte. Aus dem Schweigen Gottes zu seiner Erntepräsentation hörte er einen göttlichen Tadel heraus: Mit dem grauen Kartoffeleinerlei wollte May die Seelsorge für die normalen Gläubigen kritisiert wissen - für die Männer und Frauen, die in der Monokultur von treuen Ehen und Familien leben. Der Weinberg des Herrn sei doch groß und weit genug für eine Vielfalt von Früchten. Die Feldkultur des Reiches Gottes sollte nach Mays Meinung bunter und diverser werden mit einer Vielzahl von Identitäten und Lebensweisen – eine Tutti-Frutti-Kirche: Lesbische und schwule Paare sollten den Segen Gottes für ihre sexuelle Partnerschaft erhalten. Offen schwule Männer sollten zu Priestern geweiht werden. Ebenso möchte May die Priesterweihe für Frauen. Wenn schon mit Merkel eine Bundeskanzlerin das höchste Staatsamt dominierte, dann sollte man den Frauen das Weiheamt nicht verweigern, so die Logik des Prälaten. Protestanten sollten zur hl. Kommunion eingeladen werden und Katholiken dem calvinistischen Symbol-Abendmahl beiwohnen. Auch die Zweitehe von geschiedenen Wiederverheirateten sollte die Kirche mit dem Segen Gottes als „gut so“ anerkennen, weil „das Eheband (der sakramental geschlossenen Ehe) schon lange zerrissen“ sei.

 Der Limburger Domkapitular will es besser wissen als Jesus Christus

Der Prediger macht sich den Einwand, dass Jesus aber etwas anderes gelehrt habe – etwa zur Berufung von Frauen zu Jüngerinnen, aber nicht zu Aposteln mit Weihevollmacht. Darauf antwortet May: „Jesus war ganz Gott und ganz Mensch, also auch ein Kind seiner Zeit.“ Damals wäre „die Rollenfrage der Frau“ noch nicht so dringend gewesen wie heute. Bei dieser Überlegung habe er gemerkt, dass das Argument aus dem Evangelium „für mich nicht mehr stimmt“. Der Limburger Domkapitular will es besser wissen als Jesus Christus. Da stellt sich für die Zuhörer natürlich die Frage, ob nicht auch die anderen Jesus-Worte als zeitbedingte Aussagen für unsere heutige Zeit zu relativieren seien. Angesichts der liberalen Aussagen des Predigers zu geschiedenen und wiederverheirateten Paaren müssten die

biblischen Grundlagen auch zu diesem Komplex infrage gestellt werden: Sollte man nicht die strengen Weisungen Jesu zu Ehe und Ehescheidung als lebensfremd und unpassend für die moderne Lebenswelt hinter sich lassen, da ansonsten die Kluft zwischen Jesu Lehre und heutiger Lebenswirklichkeit noch größer würde?

Bei geschiedenen Wiederverheirateten sei das sakramentale Eheband zerrissen ...

Im Matthäus- und Markus-Evangelium stellen die Pharisäer an Jesus die einschlägige Frage: Warum darf ein Mann seine Ehefrau nicht entlassen und eine andere heiraten, wenn doch die Gesetze des Moses genau das erlauben? Die Antwort Jesu Christi ist eindeutig: Seit dem Schöpfungsanfang werden Mann und Frau in der Ehe zu einem unzertrennlichen Leib der Liebe. Was Gott zusammengefügt hat, darf der Mensch nicht scheiden. Auf diesen Jesusworten aufbauend hat die Kirche die Lehre vom untrennbaren sakramentalen Eheband entwickelt. Auch das Bild von den beiden ineinanderlaufenden Eheringen drückt die Unauflöslichkeit der sakramentalen Ehe aus.

Wenn nun der Prediger May verkündet, dass bei Geschiedenen doch das Eheband aus der ersten sakramentalen Ehe zerrissen wäre und deshalb die Zweitehe mit dem erneuten Segen Gottes bedacht werden könnte, so bedeutet das einen schwerwiegenden Verstoß gegen die biblisch-christliche Lehre in einem grundlegenden Sachverhalt. Das ist keine pastorale Frage, die von der Ortskirche, also dem jeweiligen Bischof entschieden werden könnte. Papst Franziskus hat in seinem letztjährigen Schreiben an die Bischöfe, Priester und Gläubige in Deutschland den sensus ecclesiae angemahnt, dass die Kirchenverantwortlichen immer die weltkirchliche Verbundenheit im Sinn behalten sollen.

 ... das rechtfertigt der Prediger mit seiner Privattheologie der Zerbrechlichkeit

Dr. May dagegen denunziert die biblisch begründete kirchliche Lehre pauschal als ein versteinertes System, „festgemeißelt auf Dogma, das Kirchenrecht, die neue Instruktion“ der päpstlichen Kurie zur missionarischen Ausrichtung der Pfarreien. Alle diese gesamtkirchlichen Regelungsäußerungen verdammt er unter dem Motto: „Der Buchstabe tötet.“ Dagegen beansprucht der selbstgefällige Prälat für sich und seine Tutti-Frutti-Kirche den Heiligen Geist. Nur mit seiner Privat-„Theologie der Zerbrechlichkeit“ würden Kirche und Theologie ihre Lebendigkeit erhalten.

Wenn ein Priester gegen die gültige Lehre der Kirche verstößt, dann ist der zuständige Bischof in seinem Lehr- und Wächteramt gefordert. Der Prediger kann sich nicht darauf zurückziehen, er habe in seiner Ansprache doch nur seine persönliche Meinung zu unverbindlichen Denkanstößen vortragen wollen. In grundlegenden Lehrfragen kann die Kirche keine subjektive Beliebigkeit zulassen, wenn sie sich nicht selbst aufgeben will.

Auf den Glaubensschwund bei der Mehrheit der Katholiken ...

Das Video der Predigt wurde vom Bistum auf dem youtube-Portal veröffentlicht sowie auf der facebook-Seite der Pfarrei St. Blasius im Westerwald eingestellt. Die Predigt „ging viral“,titelten einige Medien, d. h. sie verbreitete sich wie ein Virus. Nach einer Woche hatten 160.000 Menschen Mays „Kritik an den veralteten Strukturen der katholischen Kirche und seine Vorstellungen von einer zeitgemäßen Auslegung des Evangeliums gehört“ – so die Behauptung der Lokalzeitung NNP. Mehr als 250 Nutzer schrieben überwiegend positive Kommentare zu dem facebook-Video. Bei dem Prediger selbst seien über 800 Mails eingegangen, ebenfalls meistens positiv, wie Dr. May in der Kirchenzeitung vermeldete.

Auch wenn die Zustimmungsquote von über 90 Prozent nur die facebook-Fanblase widerspiegelt, kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil der Katholiken kein Verständnis mehr hat für die Lehre der katholischen Kirche in den aufgeworfenen Fragen. Das liegt auch daran, dass seit dem Konzil vor 50 Jahren die kirchliche Lehre zu Ehe und Sexualethik kaum noch erklärt und noch weniger für Verständnis geworben wurde in Predigt, Katechese und Religionsunterricht. Darüber hinaus ist die Verständnislosigkeit zur katholischen Sexualmoral eingebettet in den Trend des allgemeinen Glaubensschwunds oder die Glaubens- und Gotteskrise. 40 Prozent der Katholiken glauben nicht mehr an die Auferstehung Jesu. Ein ähnlicher Prozentsatz dürfte sich die Auferstehung als einen geistig-spirituellen Vorgang zurechtlegen, der nicht mehr den biblischen Berichten und dem Glaubensbekenntnis entspricht. Mehr als ein Drittel der Katholiken glaubt nicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes ist, sondern nur ein Wanderprediger vor 2000 Jahren war - ohne Relevanz für die heutige Zeit.

Sollten die Bischöfe, Priester, Katecheten und Religionslehrer angesichts des Glaubensverlusts von zwei Fünftel der Katholiken und dem massiven Glaubensschwund der übrigen Mehrheit nicht größere missionarische Anstrengungen unternehmen, um den biblischen Glauben, die kirchliche Lehre und die christliche Sexualmoral besser zu erklären?

 ... reagieren die Kirchenverantwortlichen mit Relativierung der Glaubenslehre

In der kirchlichen Lebenswirklichkeit ist das Gegenteil die gängige Praxis. Als Reaktion auf die Verdunstung des Glaubens wird die biblisch-kirchliche Lehre verwässert, relativiert und dem Zeitgeist angepasst. Das zeigt sich bei den Tagungen des ‚Synodalen Wegs‘. Dort hat sich eine fatale Begründungsargumentation für Veränderungen in der Kirche etabliert. Zu dem Zölibat der Priester, dem Weiheamt für Männer und insbesondere bei der kirchlichen Sexualmoral heißt es in bischöflichen Stellungnahmen: Da die katholische Lehre zu Sexualität und Ehe „offensichtlich immer weniger Zuspruch, Akzeptanz und Plausibilität... bei der überwiegenden Mehrheit der Getauften findet“, müsse sie grundlegend geändert werden. Diese Meinung vertritt auch der Limburger Bischof Georg Bätzing. In dem Vorlagentext zum Forum Sexualmoral wird einer vollständigen Neukonzeption der diesbezüglichen Lehre das Wort geredet – ohne Begründung aus dem Evangelium und ohne Bezug auf die gültige Katechismuslehre der Weltkirche.

Populistische Anpassung an Zeitgeist und Protestantismus

Wie gesagt, gilt der Plausibilitätsverlust und die Nicht-Akzeptanz für die meisten Grundpositionen der biblisch-christlichen Lehre. Nach der Logik von Bischof Bätzing müssten deshalb zahlreiche Glaubenspositionen abgemildert, die Lehre verdünnt oder neu konzipiert werden, um größere Zustimmungsakzeptanz zu erreichen. Doch dieser breite Weg der abschüssigen Anpassung an die niedrigen Akzeptanz-Kriterien des mainstreams ist offensichtlich eine opportunistische Haltung oder ein kirchlicher Populismus. Wem das Wort zu rechtslastig klingt, der kann sich in einem „Popularismus“ einrichten, wie Papst Franziskus seinen peronistischen Linkspopulismus in Tutti fratelli schönredet. Gradmesser für linkspopulistische Positionen ist der breite Beifall der links-liberalen Medien.

Die Zustimmungsquote von über 90 Prozent weist auch das Predigt-Video des Dr. Christof May in die populistische Richtung. Doch eine Kirche, die sich immer weiter von der Bibel entfernt, indem sie sich den liberalen Positionen der Welt angleicht, macht sich überflüssig. Das Salz der Kirche wird schal, ihr Licht wird vom Glitzer der Welt verschluckt.

Bei den Protestanten sind Substanzverlust und Mitgliederschwund noch größer

In diesem Sinne warnt eine protestantische Leserin die katholische Kirche vor den fatalen Folgen der Selbstsäkularisierung. Sie schreibt in ihrem Leserbeitrag vom 20. Oktober in der Regionalzeitung NNP: „Nur zehn Prozent der Mitglieder der katholischen Kirche gehen sonntags zur Messe. ... Aber in der evangelischen Kirche sind sogar weniger als drei Prozent Besucher des sonntäglichen Gottesdienstes. Seit den 60er Jahren verliert die Evangelische Kirche Deutschlands konstant mehr Mitglieder als die katholische. Dabei hat man doch dort all das getan, was May in seiner Predigt von der katholischen Kirche verlangt: Frauenordination, Abschaffung des Zölibats, Aufweichung in Fragen der Sexualmoral. ... Ja, das Evangelium ist sehr herausfordernd in Fragen von Familie und Sexualität. Wir neigen dazu, es weichzuspülen. Ein weichgespültes Evangelium hat in Zeiten des postmodernen Relativismus aber keine Relevanz, am Ende braucht es niemand mehr! Die Diskussion um Kirche und Reform wird unter ganz falschen Vorzeichen geführt: Die Ursache der Entchristianisierung unserer Gesellschaft ist im Kern nicht ein Mangel an Reformen im Kontext schwieriger theologischer Fragen. ... Ursache für die Glaubenserosion ist letztlich die zunehmende Gleichgültigkeit der Menschen gegenüber Gott.“

Wenn der weltliche Säkularisierungstrend die Glaubensbasis der Katholiken aushöhlt, müssten dann Bischöfe, Priester und Katecheten nicht verstärkt den Gottesglauben herausstellen? Die Priester sollten in katechetischen Predigten auch die unbequemen Evangeliumswahrheiten erläutern statt im populistischen Betroffenheitsduktus dem Zeitgeist hinterherzulaufen, wie Dr. May das tut.