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„Friendly Fire“ auf dem Synodalen Irrweg

 

Auf der zweiten Plenarversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt / Main Ende September 2017 entwickelte sich eine Kontroverse zwischen zwei Bischöfen und ein bizarres Missverstehen der Medien. Es ging um den Missbrauch des Missbrauchs sowie den Status der Betroffenen. Bischof Rudolf Voderholzer wandte sich in seinem Redebeitrag auf der Synodalversammlung dagegen, dass der "sexuelle Mißbrauch instrumentalisiert wird zum Versuch der Umgestaltung der katholischen Kirche nach dem Vorbild evangelischer Kirchenordnungen." Zum Abschluss seines Beitrags erfolgte ein eher halblaut dahingesagter Kommentar mit den Worten: „Was ich ablehne, ist eine Emotionalisierung und das unfehlbare Lehramt der Betroffenen.“

In den nächsten Tagen empörten sich notorisch antikatholische Publizisten über diese Aussage als „zynisch katholisch“ (Christiane Florin, Deutschlandfunk) oder „bestürzend bösartiges Foul“ (Joachim Frank, Kölner Stadtanzeiger). Besonders rabiat schlug wieder der Münsteraner Kirchenrechtsdirektor Thomas Schüller zu: „Verachtung, infame Aussage in zerstörerischer Absicht, böse und perfide, unentschuldbare Entgleisung“.[1] 

In den Ausführungen vor seinem letzten Satz hatte Bischof Voderholzer den Interpretationsrahmen für seinen Ausspruch mitgeliefert, dass mit seiner Aussage nicht die Erzählungen und Sorgen der Opfer des Missbrauchs gemeint waren: Er kenne „die Tränen der Betroffenen“ und lasse sich nicht nachsagen, „dass ich unsensibel“ wäre. Schon vier Jahre vorher, bei der Veröffentlichung des Missbrauchsberichts über die Regensburger Domspatzen, hatte er erklärt: Im Gespräch mit einzelnen Opfern sei ihm schnell deutlich geworden, „dass ein gemeinsames Vorgehen mit den Betroffenen, ein Hinhören auf ihre Erwartungen und Nöte wichtig“ sei.[2] Der Regensburger Bischof betonte aber dieser Tage, dass man von der Sorge um die Opfer von sexuellem Missbrauch die kirchenpolitischen Agenden unterscheiden müsse.

Voderholzers Ausdruck des ‚unfehlbaren Lehramtes der Betroffenen‘ war sicherlich eine „sprachliche Zuspitzung“ (Bischof Bätzing). Aber richtig und wichtig ist die Benennung der Tatsachen, dass prominente Missbrauchsopfer im Tonfall kategorischer Urteile weitreichende Forderungen zu kirchenpolitischen und dogmatischen Änderungen stellen.

Jedenfalls ist die Unterscheidung von Bischof Voderholzer zu den berechtigten und wichtigen Gesprächen mit den Betroffenen einerseits und seine Ablehnung von deren unberechtigten und anmaßenden Forderungen zu Kirchenpolitik und Lehramt andererseits nachvollziehbar.  

Mit der Ignorierung dieser Unterscheidung setzte die gezielte Fehlinterpretation des Dr. Schüller an. Der Münsteraner Kirchenrechtler behauptete kontrafaktisch, Bischof Voderholzer würde die Schilderung der Betroffenen zu ihren Missbrauchserfahrungen als lehramtliche Äußerungen ansehen und ablehnen. Dann steigert er sich in wilde Spekulationen, der Bischof wollte die Betroffenen mundtot machen, um sie als Konkurrenten des Lehramts auszuschalten.

Beim kopfschüttelnden Nachsinnen über solche Unsinns-Kaskaden kommt der Gedanke in die Quere: Hat nicht Bischof Overbeck etwas Ähnliches gesagt? Tatsächlich hatte der Essener Bischof in seiner Gegenrede zu Voderholzer verkündet: „Man kann vom Lehramt der Betroffenen sprechen“, wenn wir „mit den Tränen und schwierigen Lebenssituationen so vieler Betroffenen ernst umgehen“. „Es ist die Lehre, die sie in die Nähe Jesu rückt. Dieses ist das einzige wirklich unfehlbare Lehramt.“ Diese bischöfliche Aussage macht vollständig ratlos: Wie soll der ernste Umgang mit schwierigen Lebenssituationen Betroffener zum kirchlichen Lehramt werden, gar zum unfehlbaren Lehramt? Und dieser Bischof ist auf der letzten Bischofskonferenz zum Vorsitzenden der DBK-Glaubenskommission gewählt worden, die über die Glaubenslehre der Kirche und die Bedeutung von kirchlichen Ämtern beraten soll!

Bischof Overbeck bestätigte mit seinen Ausführungen, was Schüller dem Bischof Voderholzer vorwirft: Gesprächen mit Betroffenen würden zu lehramtsrelevanten Ereignissen hochstilisiert. So verheddern sich die Gegner Voderholzers in eigenen Missverständnissen. Sie zielen auf ihren Gegner (Voderholzer), treffen aber ihren Freund (Overbeck).

So etwas nennt man im militärischen Jargon „friendly fire“.

Hubert Hecker

 

 

 



[1] Verachtung. Vom „unfehlbaren Lehramt der Betroffenen“, ein Kommentar von Dr. Thomas Schüller auf der Seite feinschwarz.net

[2] Bericht von regensburg-digital vom 24.7.2021 https://www.regensburg-digital.de/bischof-voderholzer-wendet-sich-an-opfer-anderer-einrichtungen/24072017/