31.10.2024
Im Widerspruch zu Konzils- und Synodenbeschlüssen
Nach einem Bericht der Limburger Kirchenzeitung ‚Der Sonntag‘ vom 24.10.2024 soll mit der neuen Leitungsstruktur im Rahmen des neuen Diözesanstatuts „die Konzentration von Macht auf eine Person oder ein Gremium verhindert werden“. Diese Zielbestimmung wurde offenbar aus der „Aufarbeitung des Missbrauchsskandals“ entwickelt. Doch der Begründungszusammenhang ist falsch. Denn das wissenschaftliche Missbrauchsgutachten von 2018 konnte in keiner der Teilstudien Machtkonzentration als Ursache von Missbrauch herausfinden.
Einen weiteren Beleg für die Fehleinschätzung von kirchlicher Macht als Missbrauchsursache liefert die evangelische Missbrauchsstudie ForuM. Sie hat gezeigt, dass die Strukturen der evangelischen Kirche als „antihierarchisch und grundlegend partizipativ“ (also ohne sogenannten Machtkonzentrationen) nichts an den ebenso hohen Missbrauchsfällen von protestantischen Pastoren geändert haben. Der Missbrauchsforscher Großbölting erklärte seine frühere Warnung vor klerikaler Machtkonzentration für verfehlt angesichts der Ergebnisse, dass partizipative und geschwisterliche Strukturen der evangelischen Kirche offensichtlich missbrauchsbegünstigend genutzt werden können.
Die Begriffe „Machtkonzentration“ und deren Verhinderung durch „Gewaltenteilung“ sind Kategorien aus staatspolitischen Ansätzen, die auf kirchliche Verfahren und Legitimationen nicht anwendbar sind. Denn Beratungen, Beschlüsse und Entscheidungen von Papst, Bischöfen und synodalen Gremien sind an Schrift und Glaubenslehre der Kirche gebunden - und nicht ein Austarieren von Zielen der Parteien und Interessengruppen.
Zu den Aufgaben des neuen Leitungsgremiums im Bistum Limburg, dem „Diösesansynodalrat“, gehören, „den Bischof zu beraten“ und zu „entscheiden über mittel- und langfristige Ziele“ des Bistums. Der Bischof habe sich grundsätzlich an die Mehrheits-„Beschlüsse des Gremiums zu binden“. Beide Elemente, sowohl die Letztentscheidung für Bistumsziele durch ein mehrheitliches Laiengremium als auch die geforderte Selbstbindung des Bischofs an die Gremiumsbeschlüsse widersprechen den fundamentalen Prinzipien der hierarchischen Kirche, wie sie im Konzil bestätigt wurden. Daran rüttelt auch das Abschlusspapier der Weltsynode in Rom nicht. Nach dem Dokument sollen bei kirchlichen Beratungsprozessen (decison making) möglichst viele Katholiken einbezogen werden, während die abschließende Entscheidung (decison taking) allein in der Verantwortung von Papst, Bischöfen und Pfarrern liegt, so die Einschätzung vom Synodenbischof Stefan Oster.
Hubert Hecker