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Nachbetrachtungen und Einschätzungen

zu der zweiten deutschen Synodalversammlung in

Frankfurt a. Main

 

Synodaler Irrweg in der zweiten Runde

Auf der dreitägigen Plenumsversammlung des Synodalen Wegs in Frankfurt/Main Ende September 2021 haben die Synodalen über eine Flut von Anträgen ein strammes Abstimmungsprogramm absolviert. ZdK-Präsident Thomas Sternberg äußerte sich begeistert über das „erstaunlich gute“ Funktionieren der Abstimmungsmaschinerie. Schließlich sollte die Synodalversammlung ein Probelauf sein für demokratische Verfahren, die zukünftig in der Kirche praktiziert werden sollen.

Eine neue deutsche Kirchenverfassung

Das Forum I (Macht und Gewaltenteilung in der Kirche) hat eine entsprechende Beschlussvorlage zur neuen kirchlichen Räteverfassung vorgelegt. Danach sollen in Zukunft auf allen Kirchenebenen synodale Laienräte gemeinsam mit den Amtsträgern über alle kirchlichen Themen beraten und entscheiden wie weiland in Frankfurt. Auf nationaler Ebene will man die Synodalversammlung dauerhaft institutionalisieren. In Diözesen und Pfarreien müssten entsprechende Synodalräte geschaffen werden, die auch bei der Bischofs- und Pfarrerwahl entscheidende Stimmen haben. Diese Räte sollen als Kontrollgremien gegenüber den Amtsträgern fungieren und auch das Recht erhalten, mit einem Misstrauensvotum Bischöfe und Pfarrer zum Rücktritt zu drängen. Die Synodalen haben diesem revolutionären Forumsvorschlag in erster Lesung mit großer Mehrheit zugestimmt. Der Ansatz ist ein kirchlicher Umsturzversuch, mit dem die hierarchisch-sakramentale Verfassung der Kirche seit frühester Zeit ersetzt werden soll durch ein parlamentarisches Rätesystem nach protestantischem Muster. Begründet wird dieser Vorstoß wie alle anderen Synodalanträge mit der wissenschaftlich unhaltbaren These, nicht Menschen, sondern die „spezifischen Strukturmerkmale des hierarchisch-autoritären Systems“ der Kirche seien hauptschuldig an Missbrauch und Vertuschung.

 Synodale auf häretischen Wegen

Gegen diesen grundstürzenden Vorstoß haben mehrere Bischöfe protestiert. Die schärfste Verurteilung kam vom ehemaligen Kurienkardinal Walter Kasper:

„Wenn ich nun höre: Wir können das Evangelium erst wieder verkünden, wenn wir uns durch Reformen glaubwürdig gemacht haben, so ist das Häresie pur, Häresie eines ekklesiologischen Pelagianismus‘, einer Werksgerechtigkeit, die meint Kirche ‚machen‘ zu können.“[1].

Mit diesem Vorwurf der pelagianischen Häresie bezog sich Kardinal Kasper auf den Brief von Papst Franziskus an die deutschen Katholiken von 2019. Damals geißelte der Papst den Ansatz des deutschen Synodalen Wegs, der in Gefahr stünde, aus einer „verweltlichten Geisteshaltung“ mit „Reformen von Strukturen und Organisationen“ die Kirche „an den Zeitgeist anzupassen“. Auf diesem (synodalen) Weg würde die Kirche in Deutschland „ihre Originalität und prophetische Sendung verlieren“. Statt einen „modernisierten kirchlichen Organismus“ herbeizuführen, sollten sich die deutschen Bischöfe, Kleriker und Laien wieder auf den „Primat der Evangelisierung als eigentliche und wesentliche Sendung der Kirche“ besinnen.

Diese ernste Ermahnung des Papstes zur geistlichen Umkehr zum Evangelium hat das Präsidium des Synodalen Wegs damals in den Wind geschlagen und trotzig auf ihrer Priorisierung der kirchlichen Strukturveränderung beharrt. Die häretischen Ergebnisse sind auf der zweiten Vollversammlung in Frankfurt ans Tageslicht gekommen. Der Augsburger Bischof Bertram Meier kritisierte mit drastischen Worten die geplante rätedemokratische Kirchenverfassung:

"Wenn wir eine Kirche ohne sakramentales Amt wollen, brechen wir ihr das Genick."[2] 

Bischof Stefan Ackermann bezweifelte die oben erwähnte Strukturschuldthese und die daraus geforderte Demokratisierung. Denn in Orden mit demokratischer Oberenwahl und kurzen Amtszeiten seien ähnlich viele Missbrauchsfälle vorgekommen wie in den weltkirchlichen Diözesen.

Altbischof Franz Kamphaus trat schon vor zwei Jahren indirekt als Zeuge gegen die Unterstellung der MHG-Studie auf, dass „spezifische Strukturmerkmale der Kirche“ die systemischen Ursachen für bischöfliche Vertuschung und Versetzung gewesen wären. Für solche angeprangerten Missbrauchsförderungssymptome wie ein „autoritär-klerikales Amtsverständnis“ werden die Kritiker den ehemaligen Bischof von Limburg nicht bezichtigen wollen. Man dürfte ihm auch kaum unterstellen, dass er mit einer Missbrauchsvertuschung die Institution Kirche habe schützen wollen. Und trotzdem hatte der progressive Bischof in seiner Amtszeit für einen übergriffigen Priester weitere Seelsorgeeinsätze angeordnet und ihn später versetzen lassen. Kamphaus gestand seine Vertuschung als persönlichen Fehler ein: „Ich habe Schuld auf mich geladen (- und nicht die Institution Kirche). Opfern wäre Missbrauch erspart geblieben.“

Bischof Rudolf Voderholzer stellte in seiner Predigt am 26. September 2021 fest, dass es in der Kirche seit Jahren ein ernsthaftes und auch erfolgreiches Bemühen um Aufarbeitung des sexuellen Missbrauchs und um Prävention gehe.

„Dass jetzt von interessierter Seite so getan wird, als sei bislang eigentlich nichts geschehen, dass ohne validen Institutionen-Vergleich und ohne historische Einordnung der Missbrauchsfälle die Besonderheiten der katholischen Kirche systemisch dafür verantwortlich gemacht werden, nährt meinen Verdacht, dass hier der sexuelle Missbrauch instrumentalisiert wird zum Versuch der Umgestaltung der katholischen Kirche nach dem Vorbild evangelischer Kirchenordnungen.“[3]

„Unerlaubte“ Kritik und Verramschen der Sakramente

Die Kritik an der Synodenausrichtung als ‚Missbrauch des Missbrauchs‘ wird seit Jahren vorgetragen von dieser Seite (verlinken mit dem Artikel: Der deutsche Synodale Irrweg (2) http://www.katholikenkreis.de/der-synodale-irrweg--2------die-defizitaere-mhg-studie-fuehrt-auf-den-synodalen-irrweg.-eine-revisionsdebatte-ist-unumgaenglich.-.html ) und verschiedenen anderen. Das Synodenpräsidium ist auf die Argumente der Kritiker noch nie eingegangen. Das dürfte allerdings auch schwierig sein, weil die Beweise für die Instrumentalisierung des Missbrauchs evident sind. Wohl deshalb verlegte sich Bischof Georg Bätzing bei der synodalen Eröffnungsveranstaltung am 30. September 2021 auf moralisierende Anwürfe gegen die Kritik von Bischof Voderholzer:

„Von Instrumentalisierung des Missbrauchs zu sprechen, wenn wir uns hier an die Aufgabe heranmachen, die Situation der Kirche in unserem Land so zu verändern, dass Menschen in unserem Land uns wieder vertrauen, das, finde ich, ist eine sehr unerlaubte, sehr anmaßende Stellungnahme.“

Wenn begründete Kritik als „anmaßend“ abgekanzelt wird, dann hat der Synodenpräsident ein Problem in Diskursethik. Weiterhin zeugt Bätzings Wort von der „unerlaubten Stellungnahme“ von klerikalem Paternalismus, als ob sein bischöflicher Mitbruder den Synodenpräsidenten um Erlaubnis bitten müsste bei kritischen Einwänden.

Forumsdiskussion: Brauchen wir das Priesteramt – oder kann das weg?

Zu den vier Forumstexten stellten die Synodalen mehrere hundert Anträge. Allein zu dem Grundlagentext „Priesterliche Existenz heute“ kamen 180 Eingaben zur Debatte und Abstimmung. Ein Änderungsantrag lautete: „Das Forum soll sich mit der Frage auseinandersetzen, ob es das Priesteramt überhaupt noch braucht.“ Eine knappe Mehrheit von 95 : 94 Synodalen schloss sich der Empfehlung der Antragskommission zur Annahme der Eingabe an.

Die saloppe Formulierung des Antrags lässt an eine Entrümpelungsaktion denken nach dem Motto: ‚Brauchen wir das Priesteramt – oder kann das weg?‘ In ähnlicher Geringschätzung verglich die Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft die Synode mit einer „Wohnungsauflösung nach einem Todesfall“: Bei den kirchlichen Sachen, „die eigentlich raus müssten“, sollte man „großzügig und mutig wegwerfen“.[4]

Es ist äußerst beunruhigend, wenn etwa die Hälfte der Synodalen das Priesteramt nach utilitaristischen Brauchbarkeitskriterien werten und gegebenenfalls verramschen will. Damit ist auch das Sakrament der Priester- und Bischofsweihe infragegestellt, das Herzstück der hierarchisch-sakramentalen Kirche.

Wäre es nicht die bischöfliche Pflicht des Synodenpräsidenten gewesen, diesen skandalösen Antrag gegen Kirche und Konzil zurückzuweisen oder mindestens im Nachhinein vor dem destruktiven Charakter der synodalen Diskussion um die Abschaffung des Priesteramtes zu warnen? Stattdessen stiftete Bischof Bätzing in der Pressekonferenz neue Verwirrung. Er behauptete kontrafaktisch zum Wortlaut des Antrags: „Es ging dabei beileibe nicht um die Abschaffung des Priesteramtes“. Die Medien hätten das missverstanden. In Wirklichkeit wäre mit der Eingabe „positiv die Begründung für das Priesteramt inmitten des Gottesvolkes aufgerufen“ worden, um damit „den Priestern den Rücken zu stärken“. Eine eigenartige Logik. Es dürfte eher eine verunsichernde Wirkung auf Priester und Seminaristen haben, wenn die 200 Synodalen darüber diskutieren, „ob es das Priestertum überhaupt braucht“.[5] Zudem ist bei der Formulierung „Stellung des priesterlichen Dienstes inmitten des Gottesvolkes“ zu bedenken, dass nach Beschlüssen des Forums I zukünftig die Priester und Bischöfe von den Synodalräten mitgewählt, kontrolliert und bei Vertrauensverlust zum Rücktritt gedrängt werden können. Auch diese synodalen Vorhaben sind alles andere als rückenstärkende Maßnahmen für Priester.

Misstrauensvoten gegen das sakramentale Priesteramt und das Ehesakrament

Auch im Priesterforum wird der Missbrauch benutzt, um dem Weihepriestertum „systemische Fehler“ zu unterstellen: „Es besteht ein Konsens, dass Überhöhung und Sakralisierung des Priesteramtes dazu beigetragen haben, dass Missbrauch geschehen konnte.“ Die nicht weiter begründete Konsens-Behauptung der Synodalen ist aus der Luft gegriffen, jedenfalls ohne wissenschaftliche Basis. Die MHG-Studie kommt im Gegenteil bei ihrer Übersicht auf Seite 236 zu Missbrauchsstudien in anderen Einrichtungen zu dem Urteil:

„Die in der Literatur untersuchten Taten zeigen in vielen Merkmalen keinen Unterschied zwischen katholischen und anderen Institutionen.“ Auch die Einteilung der beschuldigten Kleriker in drei Grundkategorien „lassen sich in bereits publizierte Typologien von sexuellen Missbrauchstätern außerhalb des kirchlichen Kontextes zuordnen“ (S. 12).

Aus diesen Ergebnissen ist schlüssig zu folgern: Die Synodal-Behauptung von einem priesterspezifischen Strukturmerkmal als missbrauchsfördernd ist eine Phantom-These. Sie widerspricht den wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Neben den diversen Misstrauensvoten gegen das sakramentale Weiheamt werden auch gegen das Ehesakrament subtile Entwertungsstrategien aufgefahren. In dem mit großer Mehrheit verabschiedeten Arbeitstext des Forums IV hätten nach dem liberalen Grundsatz der schrankenlosen Freiheit des sexuellen Begehrens, Wählens und Handelns alle sexuellen Beziehungsformen „in moralischer Hinsicht Anerkennung und Respekt verdient – unabhängig von der formalen Bindung und der sexuellen Orientierung der Partner“ (S. 16). Nach dieser Formel einer entgrenzten Sexphilosophie soll auch die selbstbezogene Lusterzeugung („self sex“) als moralisch legitim angesehen werden. In der schönen neuen Welt der Sexualität der Vielfalt wird die sakramentale Ehe hochstilisiert zu „moralischer Höchstgeltung“. Gleichzeitig wird sie damit zu einem „lebensfernen“ Nischenmodell für Idealchristen herabgestuft. Wenn alle sexuellen Beziehungsformen als wertvolle Sinndimensionen anerkannt werden sollen, dann stellt sich für die Synodalen auch hier die Frage: Braucht es überhaupt noch das Ehesakrament? Eine unverbindliche Paarsegnung würde doch auch genügen – und dazu noch alle Beziehungsformen in die Kirche integrieren.

Ebenso stereotyp wie bei den anderen Forumstexten enthält der Grundlagentext der vierten Arbeitsgruppe zur Sexualmoral eine pauschale Unterstellung systemischer Ursachen für Missbrauch. In diesem Fall meint man, die Sexuallehre der Kirche bilde den „normativen Hintergrund, der solche (Missbrauchs-)Taten offensichtlich hat begünstigen können“. Für die Behauptung gibt es in der ganzen MHG-Studie nicht eine einzige Belegstelle.

Wenn synodale Bischöfe und Laien trotzdem mit Hinweis auf die Studie eine Revisionsempfehlung zur katholischen Sexualmoral vorbringen, dann täuschen sie sich und die Öffentlichkeit. Sie missbrauchen „offensichtlich“ die MHG-Missbrauchsuntersuchung als Vorwand, um den seit langem gewollten und geplanten Paradigmenwechsel der kirchlichen Sexualethik auf den (synodalen) Weg zu bringen.

 

    Zusammenfassung der wesentlichen Kritikpunkte am Synodalen Weg:
     • Missbrauch der Missbrauchsstudie als Vorwand zum grundstürzenden Umbau der Kirche.
     • Strukturreformen: Irrweg einer pelagianischen Häresie zu einer Macher-Kirche.
     • Die Infragestellung des Priester- und Bischofsamtes bricht der Kirche das Genick.
     • Auf dem nationalsynodalen Sonderweg zu einer „deutschen Kirche“.

 

Der bischöfliche Synodenpräsident Georg Bätzing sprach vor der Presse bei der Kommentierung der synodalen Beratungen erstmals von der „deutschen Kirche“, so als gebe es eine spezifisch deutsche unabhängige Kirchengemeinschaft wie etwa die anglikanische. Mit der bisher üblichen Formulierung „Kirche in Deutschland“ wird die Einordnung der Teilkirche unseres Landes in die Weltkirche betont. Wie ist die neue Formel von der ‚deutschen Kirche‘ zu deuten? Als Freud’sche Fehlleistung wäre sie ebenso verräterisch wie als sprachlicher Versuchsballon, um in der Öffentlichkeit den synodalen Anfahrtsweg in die deutsche Nationalkirche auszutesten.

Vor einem Liebäugeln mit dem „nationalen Sonderweg“ warnte Bischof Bertram Meier in seiner Sonntagspredigt eine Woche nach dem Ende der Synodenversammlung. Als Folge davon werde es ein böses Erwachen und verdutztes Augenreiben geben, wenn „sich die katholische Kirche auf dem Synodalen Weg in eine de facto evangelische Landeskirche transformiert hat“.

Es ist zu hoffen, dass noch weitere Bischöfe sich ein böses Erwachen ersparen wollen.

Hubert Hecker



[1] Aus einem Vortrag von Kardinal Walter Kasper zu Petrus Canisius, publiziert von kath.net am 23. 9. 2021

[2] Katholisch.de vom 10. 10. 2021

[3] Synodaler Weg instrumentalisiert den sexuellen Missbrauch, kath.net-Bericht vom 28. 9. 2021 zur Sonntagspredigt von Bischof Voderholzer

[4] Katholiken auf Reformkurs, FNP am 1. 10. 2021

[5] Zu diesem Abschnitt siehe: „…und da waren die Synodalen weg“, Beitrag von Rudolf Gehrig in der Tagespost vom 7. 10. 2021