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                                                                                  14.7.2023

Überlegungen zur Berufung von Erzbischof Fernandez zum neuen Präfekten der Glaubenskongregation und zum motu Proprio „fidem servare“

 

Professor Dr. med. Eberhard Gross, Hamburg

     Die Glaubenskongregation, die seit Paul VI die Bezeichnung sancta congregatio pro doctrina fidei trägt und seit Johannes Paul II ohne das „sancta“ in seinem Namen auskommen muss, hat einen schlechten Ruf, nicht nur unter denen, die es mit der katholischen Kirche nicht gut meinen, sondern auch unter Nichtkatholiken, die ihr wohlgesonnen sind, als auch unter den Katholiken selbst. Das Schimpfwort „Gottes Rottweiler“, das die britische Boulevardpresse Kardinal Ratzinger, dem damaligen Präfekten der Glaubenskongregation anlässlich seiner Wahl zum Papst 2005 anhängte, gab wohl weitgehend zutreffend die allgemeine Meinung über diese Kongregation wieder: Jeder, der vom Glauben abirren würde und seine Irrlehre öffentlichkeitswirksam propagierte, würde „angebellt oder weggebissen“, um in dem o.g. Bild zu bleiben. Die Glaubenskongregation hatte in der Tat auch bis zur aktuellen Neubesetzung die Macht, ihre Entscheidungen mit bestimmten Sanktionen wie z.B. Lehrentzug und Lehrverurteilung, durchzusetzen. Dabei resultiert der schlechte Ruf vor allem aber daraus, dass, wenn von der Glaubenskongregation die Rede ist, im Hintergrund stets der Schatten der Inquisition auftaucht und diese nach heutigem Verständnis als eine Institution gilt, die wie es Papst Franziskus in einem Brief an den neuen Präfakten ausdrückt, „unmoralische Methoden“ angewandt habe[1].

     Die Institution der Inquisition wurde im Spätmittelalter zur Abwehr und Bekämpfung zahlreicher häretischer Laienbewegungen wie z.B. der Katharer eingerichtet (Alexander III auf dem 3 Laterankonzil), wobei päpstliche Sonderbeauftragte für die Verfahren zuständig waren, die nach allgemein anerkannten juristischen Regeln stattfanden. In der Neuzeit lag die Inquisition in der Hand der Monarchen wie z.B. die spanische, die 1834 abgeschafft wurde. Die römische Inquisition, sacra congregatio Romanae et universalis inquisitionis, war 1542 gegründet worden u.a. auch, um die Ausbreitung des Protestantismus aufzuhalten.  

     Die negativen Meinungen über die Inquisition lassen außer Acht, dass staatliche, d.h. monarchische und kirchliche Gewalten im Mittelalter und in der Neuzeit in den katholischen Monarchien in denselben Zielen vereint waren, die Völker im katholischen Glauben zu unterweisen und zu Gott zu führen und die Kirche mit ihrem Anspruch und Selbstverständnis als einzig wahre Kirche den weltlichen Gewalten die Ämter verlieh, wie sie es z.B. in der Kaiserkrönung im Heiligen Römischen Reich vollzog. Nach diesem Verständnis verstieß der Häretiker auch gegen die gottgewollte öffentliche Ordnung.

     Die römische Inquisition trug ab 1908 bis 1967 (Paul VI) den Namen Sacra congregatio Romanae et universalis inquisitionis seu sancti officii und damit abgesehen von dem unwesentlichen Zusatz seu sancti officii denselben Namen wie seit ihrer Gründung. Paul VI nahm als Vollstrecker des II Vatikanums nicht nur eine programmatische Namensänderung vor, sondern entzog ihr auch die Sonderstellung als erste und oberste Kongregation (1965). Der Papst selbst war nicht mehr der Präfekt des Dikasteriums. Entsprechend dem geänderten Selbstverständnis der Kirche nach dem II Vatikanum wurde die Kongregation erheblich geschwächt. Nach der Apostolischen Konstitution „Pastor Bonus“ (1988) von Johannes Paul II hat die Glaubenskongregation die Aufgabe, „die Glaubens – und Sittenlehre der ganzen katholischen Kirche zu fördern und zu schützen“.

     Trotz der Schwächung des Dikasteriums nach dem Konzil ist die Glaubenskongregation unter den Kardinälen Ottaviani, Sêper, Ratzinger, Müller und Ladaria offensichtlich ihrem Auftrag mit der notwendigen Strenge und angemessener Fürsorge gegenüber den Beschuldigten nachgekommen. Dass Papst Franziskus eine Neue Kirche baut, belegen zahlreiche Aussagen und Handlungen, die allein wegen ihrer Vielzahl hier nicht aufgelistet werden können, zumal die Quellen allgemein zugänglich und bekannt sind. Erinnert sei nur als pars pro toto an Abu Dhabi, an Pachamama und die vielen Statements seines Vertrauten Scalfari in La Republica. Da die Institution der Glaubenskongregation mit ihrer bisherigen Funktion der Errichtung einer Neuen Kirche im Wege steht, ja ein regelrechter Störfaktor war, scheute sich Papst Franziskus nicht, mit einem puren Verwaltungsakt Kardinal Müller, einen Kritiker des Papstes fristgerecht nach 5 Jahren Amtszeit seines Postens zu entheben, ohne Gründe zu nennen (2017). Mit dem Motu Proprio Fidem servare (11.Februar 2022)[2], in dem es um eine neue Struktur der Glaubenskongregation geht, ist die jetzige Berufung von Erzbischof Fernandez an die Spitze der Glaubenskongregation offenkundig vorbereitet worden. Sie kann als wesentlicher Schritt auf dem Weg zu dem Ziel, Glaubensirrtümern nicht mehr nachzugehen und zu verurteilen und lehramtliche Aussagen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen und gesellschaftlichen Entwicklungen kompatibel zu machen, interpretiert werden. In dem „brüderlichen Brief“ vom 1.Juli an den neuen Präfekten verbergen sich hinter wohlklingenden Sätzen brisante Aussagen über seinen Auftrag und die Aufgaben der Glaubenskongregation:

     „Ihr (EB. Fernandez) zentrales Anliegen ist es, die Lehre, die aus dem Glauben hervorgeht, zu bewahren, um einen Grund für unsere Hoffnung zu geben, aber nicht als Feinde, die aufzeigen und verurteilen. Das Dikasterium, […], hat zu anderen Zeiten, in denen man, statt theologische Erkenntnisse zu fördern möglichen Irrtümern in der Lehre nachging. […] die weitere Aussage greift eine Passage aus dem Motu Proprio „Fidem Servare“ (11.Februar 2022) auf: „Dass es darum geht, die Intelligenz und die Weitergabe des Glaubens im Dienst des Evangeliums zu steigern, damit sein Licht ein Kriterium für das Verständnis des Sinns der Existenz ist, besonders angesichts der Fragen, die durch den Fortschritt der Wissenschaft und die Entwicklung der Gesellschaft aufgeworfen werden.“ In Fidem servare heißt es abweichend dazu: „Sie (Sektion der Lehre) fördert auch Studien, die darauf abzielen, das Verständnis und die Weitergabe des Glaubens im Dienst des Evangeliums zu vertiefen, damit sein Licht […]. Unter den beiden Etiketten Fortschritte der Wissenschaften und Entwicklungen der Gesellschaft gibt es in der Amtskirche schon seit geraumer Zeit Forderungen nach entsprechenden Anpassungen der Lehre. So wird die neue Sexualmoral, deren einzige Regeln für sexuelle Handlungen jeder Art die Zustimmungsfähigkeit und Einvernehmlichkeit sind, von der Synodalversammlung gebilligt und mit neuen Erkenntnissen der Humanwissenschaften begründet. Bei der neuen Sexualmoral wird auch mit der gesellschaftlichen Realität argumentiert ebenso wie bei der Forderung nach der Demokratisierung der Kirche. Wie in Gesellschaften mit demokratischen Staatsformen sollen auch in der Kirche Macht- und Gewaltenteilung implementiert werden, um einem angeblichen immanenten Machtmissbrauch vorzubeugen. Bei der Forderung nach der Frauenordination beruft man sich auf die Gleichberechtigung der Geschlechter, aus der sich ihre Gleichstellung ableiten soll.

     Wenn das Lehramt dem wissenschaftlichen Fortschritt und der gesellschaftlichen Entwicklung unterstellt wird, werden lehramtliche Aussagen beliebig; denn wissenschaftliche Thesen sind fallibel und wer kann behaupten, dass gesellschaftliche Entwicklungen und auch Staatsformen auf ewig festgeschrieben sind. Wird der Glaubenskongregation ihre eigentliche Aufgabe entzogen, verliert sie auch ihre lehramtliche Autorität. Die Kirche ist damit, wie von Rom offensichtlich gewollt, noch näher an den Protestantismus herangerückt. Rom hat damit, und dabei kann es sich auf die deutsche Amtskirche mit ihrem Synodalismus verlassen, noch eine weitere Strecke auf dem Weg zur Zerstörung der Kirche zurückgelegt. Allerdings dürfen wir daran zweifeln, dass der Wille Roms diese allein bewirken kann.

    

 

 



[1] Brief von Papst Franziskus 1.Juli 2023,  https://de.catholicnewsagency.com>news im – vollen …

 

[2] https://www.vatican.va>motu proprio> documents 11.2.2022